Austausch der Kulturen

Austausch der Kulturen

Guten Abend nach Deutschland,

unsere erste Nacht in Saudi-Arabien haben wir am Samstag, wie sollte es auch anders sein, an einer Tankstelle verbracht. Vorher haben wir uns im Ort Haql, direkt hinter der jordanischen Grenze, noch eine Sim Karte besorgt. Dabei waren wir etwas unsicher, welchen Mobilfunkanbieter wir nehmen sollten, denn leider hatte der Anbieter, der im Internet am meisten empfohlen wird, Samstags seinen Shop nicht geöffnet. Letztendlich entschieden wir uns dann für einen kleineren Mobilfunkanbieter und hatten schon nach wenigen Kilometern außerhalb der Stadt leider keinen Empfang mehr. Wir ärgerten uns kurz, bis wir herausfanden, dass es hier in Saudi-Arabien möglich ist innerhalb des Landes die Roaming Funktion des Handys zu nutzen und sich somit immer in das Netz einzuwählen, welches aktuell den besten Empfang hat. Sowas ist in Deutschland wohl unvorstellbar, aber für uns hier super praktisch, da der Empfang auf den Straßen außerhalb der Städte meistens nicht der Beste ist. Am Abend haben wir auch das erste Mal im Land getankt. Wir reisten extra mit einem leeren Tank ein, da wir uns schon auf den niedrigen Dieselpreis gefreut hatten. Die ersten beiden Tankstellen, die wir angefahren haben, hatten dann aber tatsächlich keinen Diesel mehr und es klappte erst beim dritten Versuch. Für sagenhafte 13 Euro konnten wir den Tank der Bullizei komplett füllen und schliefen danach auf dem Gelände der Tankstelle zufrieden ein.

Am Sonntag sind wir dann morgens aufgebrochen und haben uns das Wrack des Catalina Wasserflugzeuges angesehen. Dieses liegt direkt am roten Meer, mitten in der Wüste. Das Flugzeug wurde ursprünglich für den Einsatz im 2. Weltkrieg gebaut, 1950 wurde es dann aber von einem amerikanischen Geschäftsmann gekauft. Dieser baute das Flugzeug zum Camper um und wollte mit seiner Familie die Welt bereisen. Als die Familie 1960 dann in Saudi-Arabien landen wollte, hielten die Sicherheitskräfte das Flugzeug für eine potentielle Gefahr und beschossen dieses massiv. Das Flugzeug stürzte ab und die komplette Familie überlebte wie durch ein Wunder. Bei den vielen Einschusslöchern, die wir sehen konnten, ist dies wirklich unvorstellbar.

Übrigens stehen die zulässigen Geschwindigkeiten auf den Straßen hier oft nur in arabischen Zahlen auf den Verkehrsschildern. Die Zahlen kann man aber zum Glück schnell lernen.

Das Gebiet, in dem wir uns hier befinden, ist Teil des Projektes Neom, welches wir schon im letzten Beitrag erwähnt haben. Nun können wir bestätigen: Hier wird gearbeitet, und zwar eine ganze Menge. Über hunderte Kilometer auf neuen Autobahnen sehen wir auf beiden Seiten die ganze Zeit nur Baustellen. Überall fahren Lastwagen und Baustellenfahrzeuge zu ihren Einsatzorten. Das Ausmaß dieses Projektes ist dabei kaum vorstellbar. Für die Projektpartner aus dem Ausland gibt es Imbissbuden von amerikanischen Ketten wie Hardee’s und Dunkin Donuts. Kaum etwas ist bereits komplett fertig, abgesehen von vielen Straßen und dem Flughafen Neom Bay. Das hält natürlich das Olympiakomitee nicht davon ab, bereits die Asiatischen Winterspiele 2029 hierher zu vergeben. Im noch nicht existenten Ort Trojena soll mitten in der Wüste (wenn auch auf 2.000m Höhe) ein Skigebiet entstehen. Am Catalina Flugzeugwrack haben wir zuerst ein fertiggestelltes Gebäude vom Neom Projekt gefunden: Ohne auch nur einen einzigen Touristen weit und breit steht hier ein hochmodernes westliches Toilettenhäuschen für die Besucher des Flugzeugs bereit. Nur ein einsamer Reinigungsangestellter begrüßte uns hier freundlich. Irgendwie alles absurd.

Weiter ging es für uns danach zum Wadi Disah, welches wir uns am nächsten Tag gerne anschauen wollten und unter den Einheimischen hier als schönstes Wadi im ganzen Land gilt. Ganz in der Nähe fanden wir einen guten Schlafplatz vor einem riesigen verlassenen Spielplatz. Von vielen Leuten waren wir hier zwar nicht umgeben, aber neben einigen süßen Kamelen gab es hier auch eine kleine Polizeistation, bei der wir uns auch das Okay einholten, an diesem Ort zu übernachten.

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Am Montag stand dann die Besichtigung des Wadis auf dem Plan. Hier gab es für uns zwei Optionen, entweder wir wandern, könnten dann aber nur einen Bruchteil des Wadis sehen oder wir fahren mit einem Guide und einem Jeep durch die huckeligen Pisten. Als wir dann zufällig ein niederländisches Paar trafen, schlossen wir uns spontan zusammen und machten gemeinsam eine Jeep Safari. Diese Entscheidung bereuten wir nicht und es war wirklich ein echtes Highlight, die Bilderbuch-schöne Natur zu sehen und im offenen Jeep über Stock und Stein, über Sand und durch Wasser zu fahren. Auch als unser Fahrer nach einer halben Stunde anhielt und plötzlich mehr Geld als anfangs vereinbart von uns haben wollte um die Tour fortzusetzen, konnte dies unsere Stimmung nicht trüben. Letztendlich haben wir mit ihm auch eine Lösung gefunden, mit der alle Beteiligten zufrieden waren. Wir können uns gut vorstellen, dass das Wadi in einigen Jahren ein Touristen Hotspot sein wird und sind sehr glücklich darüber es jetzt noch so naturbelassen gesehen zu haben. Hier sind einige Eindrücke von der Tour für euch:

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Nach dieser aufregenden Tour fuhren wir mit der Bullizei weiter in Richtung von unserem nächsten Ziel. Auf dem Weg zur antiken Stadt Hegra wurden wir jedoch hungrig und hielten an einem Imbissstand im Ort Shuwaq an. Dort bestellten wir uns Sandwiches und wurden direkt von den Einwohnern beäugt.

Ein Junge kam auf Sina zu, zeigte auf sie und seine Haare und sagte etwas auf Arabisch. Als wir nicht direkt verstanden, was er genau damit sagen wollte, kam direkt ein Mann dazu und erklärte, es sei alles gut, der Junge habe nur noch nie eine Frau in der Öffentlichkeit ohne Kopftuch gesehen. Der Mann bot uns auch direkt seine Hilfe an, wenn wir irgendwelche Probleme haben. Auch andere Menschen sprachen uns im Imbiss an und wollten wissen, wo wir herkommen und Fotos mit uns machen.

Später saßen wir noch im Auto vor dem Laden und schauten online, wo auf dem Weg nach Hegra wir übernachten könnten. Dann hielt ein Auto neben uns, und der Mann, der uns im Laden schon Hilfe angeboten hatte, lud uns zusammen mit einem seiner Freunde zu sich zum Essen ein. Auf unsere Frage, ob wir bei ihm auf dem Parkplatz übernachten könnten sagte er direkt ja, auch wenn er es unangenehm fände, wenn wir als Gäste nicht bei ihm im Haus schlafen würden, da er dann ja ein schlechter Gastgeber sei. Der Mann (Asim) erzählte uns noch, dass er aus dem Sudan stammt, und im örtlichen Krankenhaus die Notaufnahme leitet. Wir fuhren hinter ihm her zu seiner Wohnung direkt auf dem Gelände vom Krankenhaus.

Dort angekommen, zeigte er uns seine Wohnung und sagte uns, dass wir uns fühlen können wie Zuhause und wir als Reisende vielleicht eine Dusche oder etwas Zeit zum Ausruhen gebrauchen können. Die Dusche konnten wir nicht ausschlagen und blieben so in seiner Wohnung zurück, da er seinen Freund nach Hause bringen müsse.

Als wir fertig geduscht hatten, kam Asim zurück, hatte seinen Freund aber immer noch dabei, und war stattdessen Essen holen gefahren. Mit der Entschuldigung, dass er ein schlechter Gastgeber sei, da er nicht für uns kochen könne und seine Frau im Moment in einem anderen Ort ist, servierte er uns ein umfangreiches Abendessen und bestand darauf, dass wir viel aßen.

Asim erzählte uns viel von dem Leben in Saudi Arabien und versicherte uns, dass das Land für uns als Reisende absolut sicher sei. Unser Auto könnten wir hier beispielsweise einfach irgendwo parken und es würde in 10 Jahren immer noch dort stehen. Außerdem erzählte er uns dass wir bei etwaigen Problemen immer die Polizei rufen können. Wenn uns der Diesel ausgeht, das Wasser oder das Essen. Ein Anruf bei der Polizei genügt und sie würden uns alles bringen was fehlt. Dass man in Deutschland von der Polizei ein Ticket bekommt, wenn man wegen zu wenig Sprit im Tank liegen bleibt, konnte er nicht fassen. Außerdem berichtete er davon, dass in Saudi Arabien für jeden Einwohner die medizinische Versorgung komplett umsonst ist und sogar spezielle OPs in anderen Ländern, vom Staat übernommen werden. Außerdem werden die Löhne hier nicht besteuert. Für uns war es sehr spannend, so einen Einblick in das Land zu bekommen. Was uns aber wirklich überraschte, war, wie sehr Asim ein Fan von Deutschland ist. Er hört deutsche Musik, lernt die deutsche Sprache und ist begeistert vom Bildungssystem in Deutschland.

Nachdem wir viel geredet haben, gingen wir im Bulli vor dem Haus schlafen. Wir hatten uns noch für den nächsten Morgen verabredet, da Asim uns das Krankenhaus zeigen wollte.

Am nächsten Tag wurde uns erst einmal ein reichhaltiges Frühstück serviert, wobei auch wieder darauf geachtet wurde, dass wir auch beide viel essen. Danach fuhren wir (obwohl das Krankenhaus direkt neben dem Wohnhaus war) zum Krankenhaus und bekamen eine kleine Tour. Das kleine Krankenhaus hat nur 50 Betten, da im Normalfall Notfälle hier eine Erstversorgung bekommen, und dann in eins der umliegenden großen Krankenhäuser verlegt werden. Außerdem stellte er uns seine Freundin Jihad vor, die ebenfalls aus dem Sudan kommt und als Ärztin im Krankenhaus arbeitet.

Trotz bester Bemühungen konnten wir es ihr nicht ausreden, dass sie uns zum Mittagessen einlud. Wir fuhren also alle zusammen wieder zum Wohngebäude diesmal in ihre Wohnung, wo sie damit anfing, zu kochen, und ihr Mann losfuhr, um Essen zu holen. Obwohl wir ja gut gefrühstückt hatten, wurde uns wieder ein großes Essen serviert. Dabei waren alle die ganze Zeit super freundlich und haben sich über den Besuch von uns gefreut. Jihad hat davon erzählt, dass sie nächstes Jahr nach Irland gehen, um dort zu arbeiten und sich weiterzubilden.

Neben vielen Einblicken in das Leben in Saudi-Arabien wurde Sina auch gezeigt, wie man die typische Kleidung der Frauen im Sudan (den Toub) trägt. Dafür wurde ihr eine Version übergelegt, die nur an Hochzeiten und wichtigen Festen getragen wird.

Nach einer Menge Essen, spannenden Gesprächen und viel mehr Zeit als wir hier geplant hatten, verabschiedeten wir uns wieder von Asim, Jihad und ihrer Familie. Zum Abschied bekamen wir noch Geschenke. Einige Nüsse, Obst, selbstgemachte sudanesische Süßigkeiten, Wasser und Säfte waren dabei nur der Anfang. Auch ein wunderschöner Toub wurde Sina noch mitgegeben, und selbst der kleine Sohn bestand darauf, uns sein Spielzeugfunkgerät zu schenken. Selbstverständlich hat dieses direkt seinen Ehrenplatz im Bulli bekommen.

Wir sind auf jeden Fall sehr dankbar für die Gastfreundschaft, die wir hier erleben durften und haben die Zeit sehr genossen. Der weitere Weg nach Hegra verlief dann eher unspektakulär, bis auf einige Felszeichnungen und viele Kamele neben der Straße.

Unser Schlafplatz von gestern war der Parkplatz bei dem Touristenzentrum der Oase al-ʿUla, den Bibelkennern unter euch vielleicht auch als Dadan bekannt. Von hier aus ist heute unsere Bustour nach Hegra gestartet, da wir die Sehenswürdigkeiten leider nicht ohne Tour besuchen konnten. Davon erzählen wir euch aber im nächsten Beitrag.

Hier auf dem Parkplatz hat neben uns noch ein Schweizer Ehepaar übernachtet, das wir schon in Akaba in Jordanien getroffen haben. Heute morgen stießen dann noch deutsche Camper dazu.

Viele Grüße mit neuen Eindrücken

Fabian und Sina

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3 Comments

  1. Jetzt ist 1:30 Uhr Ortszeit in Hamburg, Deutschland. Ich kann nicht schlafen, weil im Zimmer nebenan jemand ziemlich laut schnarcht… Also schaue ich mal nach, ob es etwas Neues von euch gibt. Danke für den Bericht und die schönen Bilder. Ihr dürft wirklich so viele nachhaltige Erfahrungen mit fremden Menschen und Kulturen machen. Ich beneide euch. Schade, dass wir hier nicht immer so offen und freundlich sind, wie ihr das jetzt erleben dürft. Es ist es kälter geworden. Für die nächsten Tage ist mancherorts Schneefall angesagt… Passt schön auf euch auf! Gute (Rest)Nacht!

  2. Euer Reisebericht ist wieder spannend, informativ und emotional. So können wir Vieles miterleben und mitreisen.
    Am erstaunlichsten ist die Gastfreundschaft, die wir in Deutschland eher nicht so spontan erleben. Welche Leute ihr schon kennengelernt habt und welche Einblicke in ihr Leben ihr bekommt, ist wirklich erstaunlich. Ihr macht aber auch alles mit.
    Die Fotos und Filme schauen wir uns immer wieder an.
    Viele Grüße von Ferdi und Doris

  3. Hallo ihr 2! Und wieder habt ihr Zeit gefunden um uns an eurem Glück teilhaben zu lassen! Dankeschön! Es ist aufregend und teilweise echt unglaublich, was ihr da alles an guten Dingen erlebt. Diese Gastfreundlichkeit, unfassbar schön! Die Kamele am Wegesrand gefallen mir echt gut. Schön euch auf den Fotos so strahlen zu sehen! Weiter genießen! Jede Sekunde! Bis bald!

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